Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis 2023
Thema: Zwischen Himmel und Mut.
Die Teilnehmenden am diesjährigen Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis. waren eingeladen, sich mit den beiden im Thema genannten Polen
kreativ auseinanderzusetzen, sie durchaus als Antipoden zu fassen und miteinander in Einklang zu bringen.
Es galt, Lebenszwischenraum und das innerhalb der Begrenzungen stattfindende Leben selbst zu beschreiben,
Realitäten zu verrücken und Sperren im Kopf zu benennen.
„Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen“ .
In seinem Gedicht „Leben“ einmal so formulierte Ulrich Grasnick: „… und der winzige Fisch, / den du fängst, /
ist Grund genug, / noch einmal / auszuwerfen das Netz.“
Die Jury traf ihre Entscheidung
301
Autorinnen
und
Autoren
fühlten
sich
ermuntert,
soziales
und
kulturelles
Verhalten,
seine
Veränderungen,
seine
Verwerfungen
und
Neuausrichtungen
in
den
Blick
zu
nehmen
und
poetisch
in
Sprache
zu
fassen.
Ihre
eingereichten
Gedichte
zeugen
von
entsprechenden
Beobachtungen
und
Selbsterfahrungen,
von
Fremdheit
und
Suche,
von
Varianten,
ein
Pendant
aufzuspüren
oder
leer
auszugehen.
Der Jury des Ulrich-Grasnick-Lyrikpreises 2023 gehörten an:
York Freitag (Vorsitz), Leonie Köhler, Bianca Körner, Katharina Körting, Michael Manzek und Dr. Martin A. Völker.
Nominiert für den Preis wurden
Friederike Haerter (Gratot, Frankreich)
Johanna Hansen (Düsseldorf)
Philipp Létranger (München)
Ulrike Loos (Leipzig)
Dietrich Machmer (Seevetal)
Gewinner des Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis 2023
Dietrich Machmer (Erster Preis) aus Leipzig
Nicola Quaß (Zweiter Preis) aus Düsseldorf
Eline Menke (Rheda-Wiedenbrück)
Kathrin Niemela (Passau)
Dirk Tilsner (Parede, Portugal)
Nicola Quaß (Düsseldorf)
Preisgedichte
Dietrich Machmer
Aus Liebe zum Verschwinden
Mir genügt die Gesellschaft der Wellen.
Ich strecke meine Hand nach ihnen aus,
und grüße die verwässerten Gedanken.
Spiele aus Liebe zum Verschwinden,
dass ich meine nackte Haut als Segel setze,
und kreuze ins helle Staunen der Sonne.
Wellen, die gegen die Laufrichtung
brechen, meine Atemzüge
spalten, meine Zunge immer zart am Wind.
Stärke und Tiefe gegeneinander ausspielen,
ohne Steuer, einfach treiben lassen,
und in Ferne still zerfließen.
Der Himmel ist nur ein Märchen,
das sich die Ratten erzählen, und das Land
eine Erfindung der Bordkatze
Nicola Quaß
Es war nicht sicher,
ob ich in euch vorkam.
Ich hatte mich noch schnell
in euer Haar gestreut,
ohne Anspruch auf Entdeckung.
Die Sonne schwieg
unter unseren Schritten.
Euer Lachen verhallte im Wald.
Wir zählten die Bäume
bis zu den Stunden, der Abdruck
eurer Füße, eingraviert in Schnee.
In euren Augen blieb ich
unsichtbar. Vergeblich tastete ich
eure Gespräche ab, und fand nur
ein Schweigen, an das ich mich band.
Mein Schatten hatte die Länge
von Blicken erreicht, unter denen wir
wie Fremde waren. Nichts, das mir
Mut machte. Ich zitterte, alterte viel.
Zwischen euren Worten erreichte mich
die Trauer aller ungeborenen Dichter.
Die Gänse am Weiher. Der sich ans Auge
schmiegende Wind. Meine Lust zu verschwinden.
Mich unter eure Wimpern zu schieben wie ein
ungezogenes Kind. Ich sah euch noch lange
in den Himmel gucken, später.
Preisverleihung und Autorenlesung
Der Ulrich-Grasnick-Lyrikpreis wurde zum 7. Mal vergeben.
Feierliche Preisverleihung und öffentliche Lesung fanden am 1.November 2024
im Kulturzentrum ALTE SCHULE Adlershof, Dörpfeldstr. 54, 12489 Berlin, statt.
Nicola Quaß
mit York Freitag
(Vorsitzender der Jury).
© Hitch
Dietrich Maßmer mit Ulrich Grasnick bei der Preisverleihung.
© Hitch